Geschichte


Von der Vergangenheit in die Zukunft

In dieser Rubrik nehmen wir Sie mit auf eine Zeitreise in der Entwicklung des Eisenbahnverkehrs in Japan.
Lesen Sie mehr darüber in den Rubriken "Einst und Heute", "Gründung der Japan Rail (JR) bis zur Gegenwart" und blicken Sie in die "Zukunft".

Einst und Heute

Seit Beginn des Eisenbahnbaus in Japan, welcher auf die Zeit der Meiji-Restauration zurückgeht, wurden fast ausschließlich Schmalspurstrecken in der Spurweite von 1067 mm (Kapspur) gebaut. Auch für die späteren Schienensysteme wurde diese Spurweite benutzt. Damit war ein reibungsloser Anschluss an das restliche Netz gewährleistet.  Mit dieser Spurweite war bis in die 1950iger Jahre eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h drin, mehr nicht. Zum Vergleich: In Deutschland fuhren Schnellzüge bereits in den 1930iger Jahren bis zu 160 km/h.

Japanische Techniker experimentierten erstmals mit „Hochgeschwindigkeiten“ auf der damaligen Normalspur der Minamimanshu-Eisenbahn in der Mandschurei (heute Nordostchina). Ab 1934 rannte der von einer stromlinienförmigen Dampflok gezogene Expresszug Ajia mit einer Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h die 701 km lange Strecke zwischen Dairen (Dalian) und Shinkyo (Changchun) in achteinhalb Stunden. Das ergab eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 82 km/h. Die damalige Höchstgeschwindigkeit war im internationalen Vergleich wenig spektakulär, hingegen die Vollklimatisierung der Wagen schon.

In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre nahm der Verkehr auf der Tokaido- und Sanyo-Strecke stark zu. Es war deshalb nur eine Frage der Zeit, bis ab 1939 von dem damaligen japanischen Eisenbahnministerium der Bau einer neuen, separaten, normalspurigen Strecke für Hochgeschwindigkeitszüge geplant und ab September 1940 mit dem Bau begonnen wurde. Ziel war es die Reisedauer  zwischen Tokyo und Osaka auf viereinhalb Stunden zu senken. Durch den Kriegsausbruch wurden die Bautätigkeiten jedoch einstweilen eingestellt.
Die anfänglichen Pläne für  den  Antrieb  Dampf- oder Elektroloks einzusetzen, wichen in den 1950iger Jahren aufgrund der topografischen Verhältnisse in Japan mit vielen Steigungen und Kurven Triebzüge einzusetzten, welche deutlich günstiger sind, eine höhere Beschleunigung ermöglichen und durch die Konstruktion  der besseren Lastverteilung den Oberbau weniger belasten. Die 1957 eingeführte Odakyu Baureihe 3000 SE, später der Triebwagen der Baureihe 20 (später BR151) welcher  für die Expressverbindung Kodama (Toko–Osaka) in Dienst gestellte wurde,  stellten die Vorzüge dieser Technik eindrucksvoll unter Beweis. Letzterer stellte 1959 mit 163 km/h den Geschwindigkeitsrekord für Schmalspurzüge auf. Diese Erfahrungen führten dazu, dass man beim späteren Shinkansen-Projekt ebenfalls Triebzüge einsetzte.

Nach den Kriegswirren hatte sich die japanische Wirtschaft bis Ende der 1950iger Jahre so weit erholt, dass die Tokaido-Strecke trotz der mittlerweile vollständigen Elektrifizierung an ihre Kapazitätsgrenzen stieß. Zu Zeiten, in denen man eher für den Flug- und Autoverkehr warb,  war es  eine mutige Entscheidung eine Hochgeschwindigkeits-Eisenbahn-Verbindung zwischen Tokyo und Osaka zu bauen. Wegweisend waren die Väter des Shinkansen, namentlich Shima Hideo und Sogo Shinji. 1958 wurde das Projekt genehmigt. Am 20. April 1959 begannen die Bauarbeiten.  Am 1. Mai 1961 wurde der unabhängigen  Japanischen Staatsbahn „JNR“ ein Kredit in der Höhe von 80 Millionen US-Dollar gesprochen – mit der salzigen Auflage, die Strecke bis 1964 zu eröffnen.

1962 fanden erste Testfahrten auf einem Teilabschnitt (zwischen den heutigen Bahnhöfen Shin-Yokohama und Odawara) statt. Pünktlich zu den Olympischen Sommerspielen in Tokio am 1. Oktober 1964 konnte der Schienenverkehr auf einer Länge von 515,4 km zwischen Tokyo und Shin-Osaka (Tokaio-Shinkansen) aufgenommen werden. Die damaligen sechseinhalb Stunden Wegzeit konnten nun mit einer Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h auf viereinhalb Stunden gesenkt werden. Im kommenden Jahr wurde die Höchstgeschwindigkeit auf 210 km/h angehoben.

Die 100 Millionen Marke der beförderten Passagiere wurde 1967 geknackt. 1976 folgte dann der 1 Milliardste Passagier! Bis zum Jahr 2005 sollten nochmals 3 Milliarden folgen. Der Super-Express-Zug „Bullet Train“ Nozomi  donnert mit einer durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit von 206 km/h durch die Lande Japans und legt die die 515,4 km lange Strecke Tokyo–Shin-Osaka in 2 Stunden 30 Minuten, mit nur vier Zwischenstopps, zurück!


Von der Gründung der Japan Rail (JR) bis zur Gegenwart

Mit der Aufteilung und Privatisierung der Staatsbahn wird der Tohoku- und Joetsu-Shinkansen durch JR East, der Tokaido-Shinkansen durch JR Central und der Sany-Shinkansen durch JR West neu betrieben.

Zu Beginn betrieben die einzelnen Bahngesellschaften eigene Betriebsgesellschaften. Diese kamen für die Kosten,  welche den Erhalt und Betrieb der Strecken garantierten, auf. Die einzelnen Strecken wurden jedoch  von einer zentralen Shinkansen-Betriebsorganisation (Shinkansen Hoyukiko) gemieteten. Diese erhielt Mieteinnahmen, ohne jedoch selbst finanziell zum Streckenunterhalt beizutragen. Ihr Zweck war primär auf den Finanzausgleich zwischen den einzelnen JR-Bahngesellschaften gerichtet.

Als sich die Bahngesellschaften etabliert hatten, zeigte dieses System jedoch Mängel. Zudem war eine Börsennotierung ins Blickfeld gerückt. Das bisherige Gebührensystem spiegelte die Finanzkraft der Bahngesellschaft nur unzureichend wider und bereitete den JR-Gesellschaften Schwierigkeiten bei der Bilanzierung. Daraus folgte, dass das bisherige System 1991 umgestaltetwurde . Jede Bahngesellschaft kauft ihre Shinkansen-Strecken in 60 Jahresraten der Eisenbahnbetriebsstiftung (Tetsudo Seibikikin) ab, welche aus aus der Shinkansen-Betriebsorganisation hervor gegangen war.

Nach der Aufteilung und Privatisierung der Staatsbahn wurden schnell positive Entwicklungen in puncto Ausstattung und Design des Rollmaterials erkennbar. Zuvor hatte die Technik und der Betrieb beim Shinkansen stagniert.

Als Beispiel der vorgenannten Entwicklung verzichtete JR East auf den Bau neuer Vollausbaustrecken in Normalspur und setzte stattdessen spezielles Rollmaterial auf ausgebauten Altstrecken (1067 mm) ein. Dieser sogenannte Mini-Shinkansen kann auch durchgängig auf den Altstrecken mitbetrieben werden (auf Gleisen mit Zweispur-Ausbau).

1992 wurde die Baureihe 400 auf der Yamagata-Linie zwischen Fukushima und Yamagata in Betrieb genommen.  1997 folgte die Baureihe E3 auf der Akita-Linie zwischen Morioka und Akita.  1999 dann die Baureihe E3-1000 auf der Verlängerung der Yamagata-Linie zwischen Yamagata und Shinjo.

Auch die, während langer Zeit, auf 210 km/h limitierte Höchstgeschwindigkeit wurde in der Endphase der Staatsbahn schrittweise bis auf über 300 km/h erhöht. Die Neubauvorhaben, die zwischenzeitlich eingefroren worden waren, wurden wieder aufgenommen und auf der Tohoku-Shinkansen Strecke (Hachinohe-Aomori ab 2002) und auf der Hokuriku-Shinkansen Strecke (Nagano-Kanazawa ab 1997) umgesetzt.

Der stetige Anstieg von Berufs- und Studentenpendler in die Ballungszentren, die Erhöung  der Grundstückspreise  im Zuge der Bubble Economy veranlasste immer mehr Menschen aus den Präfekturen (Tochigi, Gunma und Shizuoka), welche Anschluss an das Shinkansen-Schienennetz hatten, diese kostengünstige Alternative zu nutzen. Im Februar 1983 wurden Zeitkarten für den Shinkansen eingeführt, die  von Unternehmen an ihre Mitarbeiter ausgegeben werden. (Bemerkung: In Japan ist es üblich, dass Firmen ihren Mitarbeitern die Fahrtkosten zur Arbeit erstatten). Durch die täglichen Pendler, welche sich morgens und abends in und aus den Ballungszentren bewegten, erhöhte sich die Auslastung der Züge. Dies hatte zur Folge,  dass speziell auf Pendler abgestimmte Fahrpläne eingeführt wurden.

Die  JR East hat daraufhin mit der  doppelstöckigen Wagenbaureihe, genannt 'Max' , die die Passagierkapazität pro Wagon stark erhöht.


Die Zukunft - L0 Serie

Nachdem am 3. Oktober 1997 mit der Magnetschwebebahn, dem Testzug MLX01 eine Geschwindigkeit von 451 km/h erreicht wurde, welche am 12. Dezember des gleichen Jahres nochmals mit 531 km/h getoppt wurde, stand der Tachometer am 14. April 1999 erst bei sagenhaften 552 km/h still.

Am 2. Dezember 2003 wurde mit dem MLX01 ein neuer Hochgeschwindigkeits-Weltrekord für Schienenfahrzeuge mit 575 km/h aufgestellt, welcher bis heute nicht gebrochen wurde.

Die damals gefahrene Geschwindigkeit bei der Rekordfahrt konnte aufgrund der kurzen Teststrecke nur für 5 Sekunden gehalten werden, bevor das Fahrzeug wieder abbremsen musste. Die Magnetschwebebahn legte dabei während 4.4 Minuten eine Strecke von 17,8 km zurück.

Der Start erfolgt bald

Wie den NHK News zu entnehmen ist, könnte der Bau der ersten Magnetschwebebahn-Strecke diesen Oktober starten. Die Betreiberfirma JR Tokai hat vom Verkehrsministerium das OK für den Betrieb des Maglav, welcher mit 505 km/h von Tokyo nach Nagoya fahren wird, gegeben.

Derzeit sind noch einig umweltbedingte Fragen offen, zumal die 286 km lange Chuo-Shinanksen-Strecke primär durch Japans Bergregion zischen wird und zudem 86 % der Strecke durch Tunnels führen wird. In bebautem Gebiet wird der Maglev teilweise in Tunnels, welche 40 m unter der Erde liegen verkehren. Damit sollen die Lärmimmissionen auf möglichst tiefem Niveau gehalten werden. Auch die Verwendung der während der Bauarbeiten anfallenden Erde von ca. 56,8 Mio. Kubikmeter ist derzeit noch offen.

Für das Verkehrsministerium scheinen die derzeitigen Umweltprobleme jedoch kein Grund zu sein das ehrgeizige Projekt zu begraben. Der Bau der Magnetschwebebahn hat allererste Priorität und soll durch die enge Anknüpfung und die kurzen Reisezeiten zwischen den Grosstädten eine bessere internationale Konkurrenzfähigkeit bewerkstelligen.

Rund um den künftigen Maglev-Bahnhof in Nagoya ist eine rege Bautätigkeit ausgebrochen. Mehrere Wolkenkratzer sind im Bau und bis zum Jahr 2016 werden vier neue Hochhäuser aus dem Boden gestampft. Das neue Bahnhofsgebäude soll mit 220 m Höhe im Zentrum des Chuo-Shinkansens-Bahnhof zu stehen kommen.

Die erste japanische Maglev-Strecke wird frühestens 2027 fertig gestellt sein. Die Reise von Tokyo nach Nagoya wird dann nur noch 40 anstelle der bisherigen 90 Minuten dauern. Bis ins Jahr 2045 soll dann die Verlängerung der Strecke bis nach Osaka folgen.

2014 - 50 Jahre Shinkansen


2014 - 50 Jahre Shinkansen

Am 1. Oktober 1964 nahm die erste Serie des Shinkansen, später als Baureihe „0“ bezeichnet ihren Dienst auf der Tokaido-Shinkansen Strecke auf. Somit war weltweit die erste Hochgeschwindigkeitsstrecke, welche beim Bau die Summe von damals 548 Mio. US-$ verschlang, Realität geworden. Die Strecke zwischen den Städten Tokio und Oska wurde im ½-Stunden-Takt mit einer Geschwindigkeit von 220 km/h befahren und reduzierte die Fahrzeit von ehemals 6 Stunden auf 4 Stunden, welcher im kommenden Jahr nochmals auf 3 Stunden 10 Min. gesenkt wurde.

Auf 1370 Sitzplätzen pro Zug konnten es sich damals die Fahrgäste auf dem über 500 km langen Schienenstrang, welcher über 18 km Brücken und durch 80 Tunnels führte, bequem machen.

Die Züge der Baureihe „0“ waren in weisser Farbe grundiert und trugen zwei blaue Streifen entlang der Fensterfront und am unteren Ende der Seitenverkleidung.

Mit einer betrieblich zugelassenen Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h waren diese Züge damals die schnellsten Eisenbahnfahrzeuge der Welt und symbolisierten den wirtschaftlichen Aufstieg Japans nach dem WK II.

Alle Züge auf der Tokaido-Shinkansen Strecke sind mit einem Schienenabstand von 1435 mm in Normalspurweise gebaut. Die damalige Baureihe „0“ war ausschliesslich mit Wechselstrom-Motoren ausgerüstet, welche bei 60 H und 25 kV ihren Dienst versahen. Es war somit möglich jede Achse mit einer Leistung von 185 kW anzutreiben, welche die für damalige Verhältnisse ungeheuerliche Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h im Fahrbetrieb, ermöglichte.

Am 30. November 2008 wurde ein Shinkansen der Baureihe „0“ zum letzten Mal im regulären Fahrdienst eingesetzt und am 14. Dezember 2008 fand dann die allerletzte Fahrt statt. Ein 1:1 Modell kann übrigens im Omiya Museum besichtigt werden und gibt einen wunderbaren Einblick in die Entwicklungsgeschichte des Shinkansen.